Elfriede Hengstenberg, von ihrem Grundberuf Gymnastiklehrerin, war Schülerin von Elsa Gindler und setzte deren Zugang zu Haltung und Bewegung in der Arbeit mit Kindern um.
»Haben wir Gelegenheit dazu, das ursprüngliche Bestreben des Kindes zu beobachten ohne Einmischung der Erwachsenen, so werden wir immer wieder finden,
dass das Kind selbstständig vorgehen will, auf welchem Gebiet es auch sei, möglichst ohne Hilfe von außen! … Wir alle kennen diese ursprünglichen Regungen der Kinder, die immer wieder
darauf hinauslaufen, allein probieren zu wollen! Wir sollten nur noch mehr darum wissen, dass diese unermüdliche Überwindung von Widerständen aus eigener Initiative dem Kind jene Spannkraft
verleiht, die wir ihm zu erhalten wünschen, und dass die Freude an der Auseinandersetzung mit Schwierigkeiten nur darauf beruht, dass es selbstständig beobachten, forschen, probieren und
überwinden durfte.« (E. Hengstenberg, 1931)
Die Geräte, die sie in ihrer Arbeit verwendete und entwickelte, sind einfach gebaut, haben jedoch einen hohen Aufforderungscharakter: Hocker aus Holz, deren Sitzflächen entfernt
und die nach Belieben gestapelt werden können, Stehleitern, Rutsch- und Schaukelbretter, Holme zum Balancieren… Ergänzt werden diese durch Bodenmaterialien wie Trittsteine, Rundhölzer,
Vierkanthölzer und andere mehr. Durch die einfache Kombinierbarkeit dieser Materialien entsteht eine unendliche Fülle an Aufbaumöglichkeiten, die man in Höhe und Anforderung ganz den Bedürfnissen
der Kinder anpassen kann. Je nach Altersstufe ergänze ich diese Bewegungslandschaft noch mit unstrukturierten Spielmaterialien, wie Bausteinen, Dosen, Ringen, kleine Bällen und vielen
anderen.
Innerhalb einer Bewegungseinheit können die Kinder ihre Aktivitäten frei wählen und werden sowohl im Tun als auch bei auftretenden Konflikten respektvoll von mir begleitet. Durch
diese »Arbeit« haben Kinder die Möglichkeit, sich an den naturgegebenen Gesetzen selbst zu probieren, sich an ihre eigenen Grenzen heranzutasten und an selbstgewählten Herausforderungen
zu experimentieren. Und wie kostbar ist es, sich die Aufgabenstellung selbst zu wählen – ohne Aufforderung von außen kann sich das Kind an jeder Stelle entscheiden, ob es weitergehen,
umkehren oder nach einer anderen Lösung suchen möchte. Nur durch eine wertfreie Begleitung eröffnet sich dem Kind die Möglichkeit, bei sich zu bleiben, am eigenen Körper zu erspüren, was
es selbst schaffen kann und dem natürlichen Kontakt mit seinem Organismus zu folgen.
»Wieviel bedeutet es für das Leben des Kindes zu entdecken, dass es in erster Linie an uns selbst liegt, wenn uns eine Aufgabe nicht glückt, dass es an
unserem Verhalten liegt, wenn wir mit den Situationen des Lebens nicht zurechtkommen oder nur so, dass Arbeit uns angreift und unsere Kräfte mitnimmt.
Wieviel bedeutet es für das Leben der Kinder, praktisch zu erfahren, dass es im Grunde nur darauf ankommt, die Fähigkeit zum Probieren in uns wieder
wachzurufen: am eigenen Leib zu erleben, wie sich die Funktionen des Körpers dem jeweiligen sinnvollen oder unsinnigen Verhalten fügen. Wie bereitwillig Rumpf und Glieder, Atmung und Stimme
reagieren, sobald wir sie im lebendigen Zusammenhang gebrauchen.« (E. Hengstenberg, Entfaltungen)
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